Guter Wille und Erfindungsgeist sind mehr denn je gefragt.
Die Sonne liefert der Schweiz jährlich 200 Mal mehr Energie, als wir brauchen.» Diese Aussage stammt von David Stickelberger, Geschäftsführer von Swissolar, dem Fachverband für Solarenergie. Laut der Statistik der erneuerbaren Energien 2020 des Bundesamts für Energie (BFE) – die Zahlen für 2021 werden diesen Sommer erwartet – deckt die Solarenergie jedoch nur 4,7 Prozent des Stromverbrauchs. Das, obschon seit rund zehn Jahren ein Anstieg zu beobachten ist. Bei der einheimischen Produktion von erneuerbaren Energien steigt die Solarenergie hinter der Wasserkraft auf Platz zwei auf.
Die Energiestrategie des Bunds sieht nämlich ab 2050 eine jährliche Produktion von 34 Terawattstunden (TWh) Solarenergie vor (1 TWh = 1 Mia. kWh). Im Jahr 2020 belief sich die Leistung aller Fotovoltaikanlagen auf 2,5 Terawattstunden, diejenige neuer Anlagen auf 0,4 Terawattstunden. Laut den Prognosen der Branche zeichnet sich für 2021 trotz der Gesundheitskrise, welche die Lieferung von Halbleitern an einige Installateure verzögert, eine klare Zunahme ab. Im Moment gibt es laut BFE kein Grund zur Beunruhigung. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Schweiz ohne massive Anstrengungen hinter ihren Zielen zurückbleibt. Bern ist sich dessen bewusst: Im vergangenen November kündigte das BFE an, 450 Millionen Franken zur Förderung der Solarenergie im Jahr 2022 bereitzustellen. 2021 standen 470 Millionen Franken zur Verfügung. «Aufgrund der jährlich sinkenden Vergütungssätze der Einmalvergütung benötigt jedes Kilowatt erzeugter Leistung weniger Unterstützung», begründet man beim BFE diese vorübergehende Kürzung.
Der Verband Swissolar, der nebenbei die besonders gute Nutzung der Gebäude von Industrie, Handel sowie des Dienstleistungssektors lobte, nannte letzten Sommer die vorrangigen Stossrichtungen: rasche Ausstattung der kleinen und mittelgrossen Dächer und Steigerung der Produktion im Winter mithilfe der alpinen Anlagen. Bereits erforschte Wege, wie einige Beispiele aus jüngster Zeit belegen – wobei die Auswahl nicht abschliessend ist.
Die grosse Solaranlage in den Glarner Alpen ist ein von Axpo und den Industriewerken (IWB) getragenes Acht-Millionen-Franken-Projekt. Sie ist an die in Europa höchstgelegene Muttsee-Staumauer (2500 m ü. M.) gekoppelt, die voll nach Süden ausgerichtet und ausser Reichweite des Nebels ist. Im letzten Sommer wurde damit begonnen, eine Fotovoltaikanlage mit 5000 Solarmodulen auf der Staumauer anzubringen. Erwartete Produktion: 2,2 Megawatt (MW), was dem Verbrauch von 740 Vier-Personen-Haushalten entspricht. Das Kraftwerk wurde im Oktober 2021 mit zu zwei Dritteln installierten Panels in Betrieb genommen. Die letzten werden im Sommer 2022 verbaut. Der erzeugte Strom wird übrigens an Denner verkauft, der sich für zwanzig Jahre zum Kauf verpflichtet hat.
Sonne und Wasser mit bestehender Strominfrastruktur nutzen: Die Idee wurde vorgängig vom Energiedienstleister Romande Energie SA und seinem Partner Asea Brown Boveri (ABB) überprüft. Der in der Gemeinde Bourg-Saint-Pierre (Grosser St. Bernard) gelegene, weltweit erste schwimmende Solarpark in Höhenlage entstand in sechsjähriger Planungs- und zehnmonatiger Bauzeit, für insgesamt rund fünfzig Millionen Franken. Nach einem Pilotversuch wurde er am 3. Dezember 2020 auf dem Stausee Les Toules in Betrieb genommen. Die Verankerung einer schwimmenden Struktur auf einer Höhe von 1800 Metern über Meer in einer von extremen Temperaturschwankungen geprägten Region war eine technische Herausforderung, die das BFE im Januar 2021 mit einem «Watt d’Or» krönte. Dieses Jahr soll die Anlage auf eine Produktion von 22 Millionen Kilowattstunden erweitert werden, was dem Verbrauch von 6100 Haushalten entspricht.
Der von Swissolar ausgezeichnete Energieversorger AEW Energie AG in Aarau (AG) betreibt rund sechzig Solaranlagen. Anfang November 2021 weihte das Unternehmen in Partnerschaft mit der Limmattalbahn AG die Anlage auf dem Dach des neuen Depots der Bahngesellschaft in Dietikon ein. Die 612 Solarmodule sollen jährlich 220 Megawattstunden produzieren. Der erzeugte Strom deckt in erster Linie den Bedarf des Depots – Beleuchtung, Wartung und Reinigung der Eisenbahnzüge. Der Überschuss wird in das Bahnnetz eingespeist.
Die Stadt im Distrikt Broye hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: autarke Stromversorgung dank Solarenergie. Ein erster wichtiger Meilenstein des Projekts Solarpayerne wurde bereits im Oktober 2015 mit der Einweihung des Solarparks La Boverie erreicht. In Partnerschaft mit Groupe E Greenwatt, dem aktuellen Betreiber, nahm die Gemeinde ein olarkraftwerk in Betrieb, das sich auf eine 38 000 Quadratmeter grosse Fläche von Solarmodulen – mehr als fünf Fussballfelder – abstützt, die jährlich 6,6 Millionen Kilowattstunden erzeugen und den Bedarf von etwa einem Drittel der Einwohner decken. Auf dem Gelände im Industriegebiet weiden unter den etwa 1,50 Meter über dem Boden platzierten Panels rund fünfzig Schafe. Nebst dem Solarpark bleibt das Potenzial für Fotovoltaik enorm, sowohl auf den Dächern von Industriegebäuden als auch auf jenen von Villen und privaten Häusern. Die Stadt Payerne erarbeitet derzeit eine Strategie zur Förderung der Fotovoltaik auf dem gesamten Gemeindegebiet.
Text: Jérôme Lathion
Fotos: © Fotowerder, keystone-ATS, Günter Fischer, imagebroker.com, Limmattalbahn AG, © Groupe E
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