Text: Juliane Lutz et Daniel Riesen
Fotos: Keystone/Interfoto/TV-Yesterday-Friedrich, Bibliothèque EPFZ, SAS Museum Norway,
Das zufriedene Schmunzeln beim Blick aus dem Autofenster sei einem verziehen. Drüben, auf der Gegenfahrbahn, steht die Blechkarawane vor dem Tunneleingang. Es ist halt Ferienbeginn. Doch wir haben freie Fahrt. Den Kopf voller schöner Eindrücke und gut erholt. Wir waren schon da, bevor die anderen anreisten …
Das Beispiel ist fiktiv, aber plausibel. Die Kunst des Reisens ist auch eine Frage des guten Timings. Damit meinen wir nicht die «ideale Reisezeit» in den Ratgebern. Eher das Gegenteil davon, denn der auf den ersten Blick perfekte Moment hat den Nachteil, dass er ein Phänomen unserer Zeit noch verstärkt: die Konzentration von Menschen an den schönsten Plätzen der Welt. Das wird gemeinhin als Übertourismus bezeichnet. Egal, ob am Taj Mahal in Uttar Pradesh, der Sagrada Família in Barcelona oder auf dem Ponte dei Salti im Val Verzasca stehen sich die Menschen auf den Füssen und gehen sich fast unvermeidlich auf die Nerven. Geheimtipps hingegen gibt es kaum noch, und vor allem sind sie in digitalen Zeiten nicht mehr geheim. Exklusive Flecken mag es noch geben. Doch die sind nur unter Einsatz von viel Geld oder körperlicher Anstrengung erreichbar, mithin nicht jedermanns Sache.
Windböen statt Sonnenbrand
Doch es lässt sich anders ausweichen. Über die Zeitachse. Das geht nur manchmal, oft lassen die Lebensumstände die freie Zeitwahl nicht zu. Doch es ist sinnvoll, über das Antizyklische beim Reisen nachzudenken. Die perfekte Jahreszeit für die Küsten der Bretagne? Im August trifft sich dort halb Frankreich, dann also nicht. Lieber Anfang November, wenn Windböen den Ozean zur Höchstform peitschen und der Pommeau nach der Wanderung besonders gut schmeckt. Und falls der Saisonwechsel keinen Sinn ergibt – tropische Länder zur Regenzeit zu besuchen, hat echte Nachteile! –, kann schon die Wahl der Tageszeit helfen. Extra früh aus den Federn ist der wohl beste Tipp, bei Morgenmuffeln leider auch in den Ferien unbeliebt. Vielleicht klappt es dafür in den Abendstunden: Statt vom Apéro Richtung Buffet zu streben, gehen Antizykliker nochmals raus und erleben, wie sich orange erleuchtete Nebelschwaden über die Weinberge des südlichen Piemonts legen.
Vor allem für Reisen durch Europa bietet das eigene Auto, der Töff oder das Velo unerreichte Flexibilität. Einerseits. Andererseits muss man sich über Fahrzeugzustand und Vorschriften Gedanken machen.
Plant man eine längere Reise mit dem Auto, stehen guter Zustand und passende Ausrüstung weit oben auf der To-do-Liste. Ein kurzer Check ist geboten, ob der CH-Kleber noch klebt, ob Warnwesten, Erste-Hilfe-Set und Pannendreieck an Bord sind. Das gilt für jede Auslandsreise. Dazu kommen länderspezifische Besonderheiten. Beispiel Pannenfall in Spanien. Warndreiecke gelten dort als problematisch. Für Einheimische gilt ab Anfang 2026 stattdessen das Obligatorium, ein V16-Warnlicht mitzuführen: ein Drehlicht fürs Dach im Pannenfall. Für nicht in Spanien zugelassene Autos gilt das Obligatorium nicht, das Drehlicht wird dennoch empfohlen (und kostet nicht die Welt).
Einschränkungen für «Stinker»
Zu bedenken ist, dass die Schweiz eine Ausnahme bezüglich Zufahrtsbeschränkungen darstellt (hierzulande sind sie so gut wie inexistent). Einschränkungen für Fahrzeuge, vorab aufgrund von Alter und Antriebsart, sind in vielen Ländern Europas weit verbreitet. In Deutschland gibt es 37 Umweltzonen, in vielen Städten Frankreichs sind «Crit’Air»-Vignetten erforderlich, in Italien ist auf die «zona a traffico limitato» (ZTL) zu achten usw. Viele sind kameraüberwacht, aufs «Bussenglück» sollte man also nicht zählen. Schlechte Karten haben insbesondere Reisende mit älteren Dieselfahrzeugen mit Inverkehrsetzung vor 2006 (Euro 3 und älter). Dabei gilt ein Vorschriftendschungel, mit Unterschieden von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Ein Hinweis zur Rücksichtnahme im Strassenverkehr: Der Überholabstand gegenüber Velos, in der Schweiz lediglich eine Empfehlung, ist in vielen Ländern Vorschrift.
Töff: Es kann teuer werden
In Österreich kostet die Fahrt über beliebte Passstrassen extra, und diese «Pano-rama-Maut» ist nicht billig. Besonders gepfeffert sind die Tarife für die Grossglockner-Hochalpenstrasse: Eine Tageskarte kostet 35 Euro, für Autos gar 45 Euro. Auf sechs Strecken im Bezirk Reutte in Tirol (A) wiederum gilt vom 15. April bis 31. Oktober ein Fahrverbot für Motorräder mit einem eingetragenen (im Rest Europas legalen) Standgeräusch von mehr als 95 dB (A). Busse bis 220 Euro.
In Deutschland bestehen motorradspezifische Teilzeitfahrverbote auf beliebten Motorradstrecken, meist beschränkt auf Wochenenden und Feiertage – ein Beispiel ist die Schauinslandstrasse im nahen Schwarzwald. Vereinzelt bestehen sogar töffspezifische Tempolimiten!
Geräumige Familienabteile, Unterhaltung, spezielles Essen und Preise – der «Touring» hat sich angesehen, was die Bahnunternehmen in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich alles für junge Passagiere bieten. Die Züge der Deutschen Bahn mögen öfter unpünktlich sein, doch an Bord sind Kinder kleine Könige. Das fängt bei den Preisen an. Unter Sechsjährige reisen in allen deutschen Zügen umsonst. Begleitet von einer Person ab fünfzehn Jahren, fahren Kinder bis vierzehn Jahre auch im Fernver kehr gratis. Es muss lediglich bei der Buchung angegeben werden. Ähnlich gross zügig sind die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). Auch dort kostet der Nachwuchs bis sechs Jahre nichts. Beim Angebot Sparschiene, das für Strecken ab 150 Kilometern gilt, können Erwachsene ab 9,90 Euro sogar vier Kinder (bis fünfzehn Jahre) gratis mitnehmen, wenn sie sich vorab auf einen bestimmten Zug festlegen. In Frankreich reisen kleine Passagiere bis vier Jahre in den TGV Inoui – sie machen heute siebzig Prozent der Hoch-geschwindigkeits- und Fernzüge aus – gratis ohne Anspruch auf einen Sitzplatz. Beim Tarif Loisir reisen Kinder bis zwölf Jahre zur Hälfte des Fahrpreises. Haben Eltern die Avantage-Adulte-Karte, erhalten bis zu drei Kinder bis elf Jahre sogar sechzig Prozent Rabatt. In Italien fahren die Sprösslinge ebenfalls nur bis zum vierten Lebensjahr und auch ohne festen Sitzplatz umsonst. Doch im als kinderfreundlich geltenden Land gibt es na türlich Angebote für Familien wie Bimbi gratis (für zwei bis fünf Personen). Damit zahlen mitreisende Kinder bis fünfzehn Jahre auf allen Intercitystrecken nichts. Erwachsene erhalten einen Rabatt von vierzig Prozent. Beim Sparticket Freccia Family zahlen Väter und Mütter in allen Freccia-Zügen sogar nur die Hälfte des Preises.
Kinderkino bei den ÖBB
Unterhaltsames in Form von computeranimierten Filmen gibt es in den Freccia-rossa- und Frecciargento-Zügen über das Portal «FRECCIAPlay». Und seit einiger Zeit sind die italienischen Intercity- und Eurocityzüge mit Kinderbereichen ausgestattet, die entsprechend gestaltet sind.
In Frankreich und in Österreich haben kleine Passagiere über die Onboard-Portale in den TGV Inoui und in den Railjets, Nightjets und Cityjets der ÖBB Zugang zu Filmen, Spielen, Comics, Hörsendungen und mehr. Nett: Die Österreicher bieten sogar Minikinderkinos auf Schienen.
Animateure bei der DB
Spezielles Essen gibt es ebenfalls in den Bordrestaurants der ÖBB-Fernzüge. Es kommt mit Malbuch und Stiften. In den ICE-Bordbistros der DB werden Kindermenüs in bunten Snack boxen und mit Spielzeug serviert. Die Mitarbeitenden dort wärmen auch Babynahrung auf, wenn es die Zeit erlaubt. Unterhaltung geht über den Kinderbereich im ICE-Portal hinaus: Kondukteure verteilen Spielfahrkarten, für die es im Bordbistro ein Geschenk gibt. Kindermagazine gibt’s im Zug digital und gedruckt. Und sonntags bespassen DB-Betreuer Kinder in ICE-Zügen auf viel befahrenen Strecken, etwa mit Zaubertricks.
Damit Familien in Ruhe reisen und Babys krabbeln können, sind die Schnellzüge mit entsprechend gestalteten, reservierbaren geräumigen Kleinkindabteilen und Familienbereichen ausgestattet. Bei den ÖBB verkehren die Railjets mit einer grösseren Familienzone mit Tischspielen (2. Klasse), in der es lauter werden darf. Auch in vielen Eurocityund Intercityzügen gibt es Kleinkind- und gar Stillabteile mit Sichtschutz. In den TGV Inoui finden Eltern mit Babys in der 2. Klasse einen Coin nurserie mit Wickeltischen, die besonders oft gereinigt werden. Und die Espaces Famille sind für mehrere Familien gedacht, die es nicht nervt, wenn Kids mal toben.
Wir erheben mit dem Artikel keinen Anspruch auf Vollständigkeit der Angebote.
Jedes Jahr hilft der TCS rund 63 000 Reisenden aus einer misslichen Lage – sei es im Spital auf den Azoren, bei einem Waldbrand auf Rhodos oder einer Autopanne in Rom. Was viele nicht wissen: Der TCS ETI Schutzbrief hilft auch in der Schweiz, etwa mit der Rückerstattung von Tickets oder der Übernah me von Annullierungskosten. Das alles gilt auch für bereits gebuchte Reisen.
Mittelstrecken sind kein Problem, aber dauert die Reise über acht Stunden, leiden viele. Wir haben Michael Allerstorfer, Betreiber des Portals besserfliegen.com gefragt, wie man lange Flüge möglichst gut übersteht.
Herr Allerstorfer, wo sind die besten Plätze für eine möglichst ruhige Reise?
Immer ganz vorn. Nicht ohne Grund bringen die Airlines First- und Business-Klasse stets im Bug ihrer Flugzeuge unter. Wer ruhig in der Economy-Klasse fliegen möchte, sollte sich dort einen Platz in den ersten fünf Reihen sichern.
Und wo sollten sich Leute hinsetzen, die ungern fliegen oder Angst haben?
In die Mitte bei den Flügeln. Dort sind die Rotationsbewegungen, etwa bei Turbulenzen, am geringsten.
Lohnt sich der zum Teil satte Aufpreis für Premium Economy wirklich?
Es gibt dort mehr Platz, manchmal bleiben die mittleren Plätze frei. Je nach Fluggesellschaft ist das Essen besser. Wer gross gewachsen ist, für den sind sechs Zentimeter mehr Beinfreiheit auf einem langen Flug essenziell und der zahlt dann gern die 500 Franken oder Euro mehr. Das freie WLAN dort ist für viele auch ein Grund, Premium Economy zu buchen. Es kommt immer darauf an, was einem wichtig ist.
Irgendwelche Tipps, wie man einen langen Flug am besten angeht?
Ausgeruht sein und rechtzeitig am Flughafen ankommen, um nicht in Stress zu geraten. Wer gestresst ist, fühlt sich unwohl und startet schlecht in die Ferien.
Und wie übersteht man dann einen Flug von mehr als acht Stunden gut?
In zahlreichen Gesprächen, die ich mit Vielfliegern und Leuten aus der Luftfahrtbranche geführt habe, hörte ich immer, dass es wichtig sei, sich ein Programm zu machen. Sich nicht auf das Onboard-Enter tain ment verlassen, sondern vorab überlegen, wie man sich beschäftigen will, und das Nötige einpacken und herunterladen. Sich beispielsweise vornehmen, drei Stunden lang Zeitschriften zu lesen, dann ein Buch und den Rest des Fluges die Serie schauen. Damit die Dialoge nicht in der Geräuschkulisse der Kabine untergehen, unbedingt Noise-Cancelling- oder gute Kopfhörer mitnehmen.
Wie bleibt man fit über den Wolken?
Um Flüssigkeitsmangel und möglichem Kopfschmerz aufgrund der dünneren Luft vorzubeugen, sollte man regelmässig trinken. Ich rate, nach dem Security-Check Wasser zu kaufen und mit an Bord zu nehmen. Aber nicht übertreiben, sonst muss man ständig zur Toilette. Alkohol meide ich, da er in der dünneren Luft stärker wirkt und auch zu Kopfweh führen kann. Das Snackangebot der meisten Airlines ist heute bescheiden, also am besten ein paar Lieblingssnacks einstecken. Irgendwann bekommt man wieder Hunger. Und wirklich jeder sollte sich auf langen Flügen regelmässig bewegen: einmal pro Stunde aufstehen, gehen, sich strecken … Das gilt auch für die Jungen, da Thrombosen in jedem Alter vorkommen. Und lockere Kleidung tragen, die nichts abschnürt.
Wo sind die sichersten Plätze, falls doch einmal etwas passieren sollte?
Theoretisch hinten, da das Heck als Letztes auftrifft. In den 1980er-Jahren kam es oft zu Unfällen, bei denen Flugzeuge übers Gelände rasten, und da waren die hintersten Plätze die sichersten. Doch diese Unfälle gibt es so gut wie nicht mehr aufgrund verbesserter Technik, Wartung und Pilotenausbildung. Also ist das heute mit den hinteren Plätzen hinfällig. Wenn ich fliege, wähle ich meinen Sitzplatz nie nach Gründen der Überlebenschance bei einem Unfall aus.
Wann haben Sie zuletzt eine Postkarte erhalten? Wer aus den Ferien Postkarten nach Hause schickt, kann sich der Aufmerksamkeit der Daheimgebliebenen sicher sein.
Zugegeben, das Schreiben von Postkarten konnte in der Hitze eines trägen Strandtages zur unbeliebten Pflicht gerinnen. Man kannte die Erwartung der Lieben zu Hause. Verwandte sollte man bei Laune halten, dabei fiel einem der originelle Spruch partout nicht ein. Heute ist alles easy! Selfie vor schöner Kulisse, rein in die digitalen Kanäle der Wahl, ein Grins-Emoji, fertig ist der Gruss aus der Ferne. Eigentlich sehr individuell, in der heutigen Bilderflut dennoch beliebig.
Die kleine Mühe
Warum also nicht zurück zur Postkarte? Nostalgie für die Älteren, Retro für die Jüngeren … Gewiss, es hat praktische Nachteile, die Beschaffung – auch der passenden Briefmarke – ist etwas aufwendiger, doch macht die kleine Mühe nicht gerade den Wert dieses Feriengrusses aus? Überhaupt gehört Langsamkeit dazu. Postkarten sollte man eher anfangs der Ferien verschicken, sonst trifft der Gruss aus der Ferne womöglich ein, wenn man längst zurück ist. Der Zeitfaktor ist auch beim Verfassen zentral. Ein Geschehen oder ein Gefühl in knappen Worten zu schildern, ist eine Kunst für sich. Stuhl und Tisch mit Aussicht, ein gutes Getränk, das abgegriffene Adressbüchlein in Griffnähe … Es muss nicht immer ein lustiger Spruch sein. Wenn’s einem danach ist, hat auch Melancholie Platz, die Palette mensch licher Emotionen ist schliesslich facettenreicher als die der Lach-Selfies. Auch wenn uns die Postkarte wie eine Nachricht aus der Vergangenheit scheinen mag, war sie einst modern, als sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Kurzform des Briefes entstand. Jener wäre, heutzutage, die Krönung des Feriengrusses. Welch vortreffliche Idee, auf einer längeren Schifffahrt beispielsweise, Gedanken an einen wichtigen Menschen handschriftlich aufzuschreiben.
Die digitale Postkarte
Wem Adressbüchlein und Briefmarkenkleben zu altmodisch ist, wählt vielleicht eine Mischform von Moderne und Nostalgie: die elektronisch versandte Postkarte. Mit eigenen, wohl gewählten – wenngleich nicht handschriftlichen – Worten und den selbst geschossenen Fotos. Entsprechende Dienste finden sich online. Die Suche nach Briefmarken entfällt, dennoch landet die Botschaft von unterwegs im Briefkasten.
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