Die Spannung steigt während des Öffnens des Reisverschlusses. Trotz der hohen Erwartungen – schliesslich geht es hier um glamouröses Camping –, überrascht der erste Blick in den Bauch des zwiebelförmigen Zelts: Teppichboden, Steckerleiste, Nachttischlampen, zwei Sessel, ein Sofa, richtige Betten und sogar eine Kaffeemaschine gehören zum Inventar. Wer schon mal in einem normalen Campingzelt mit Schlafsack und Isomatte übernachtet hat, kennt spätestens nach einer Nacht im 25 m² grossen Baumwollzelt den Unterschied zwischen Camping und Glamping.
«Jedes Zelt besteht aus 60 Einzelteilen», sagt Camp-Leiter Florian Engl. Zusammen mit einem Mitarbeiter und sechs Teilzeitkräften kümmert sich der 29-Jährige um das Wohl der Gäste. Und das beginnt schon bei der Ankunft: Nach der herzlichen Begrüssung erklärt Florian Engl, «wie das hier oben so läuft». Zum Beispiel, dass zu jedem Gästezelt ein eigenes Kompost-WC gehört. Oder dass man die Murmeltiere, die hier leben, nicht stören soll. Oder dass der einzige Shuttle direkt vom Dorf nach Laax hinunter um 10.40 Uhr fährt.
Falls man diesen verpasst, müsse man einen 15-Minuten-Spaziergang zur nächsten öffentlichen Haltestelle in Kauf nehmen. Zum Schluss der Einführung drückt er jedem Gast eine schicke, emaillierte Tasse in die Hand. «Die könnt ihr für den kostenlosen Kaffee, Tee oder das frische Bergquellwasser nutzen», so Engl. Gleichzeitig sei die Tasse ein kleines Andenken, das man mit nach Hause nehmen darf. Ein sympathischer Empfang. Man fühlt sich sofort als Teil der Camp-Familie.
Das TCS Pop-up- Dorf liegt auf der Alp Plaun auf 1620 m ü. M. Der Begriff Pop-up stammt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie eine plötzlich auftauchende, provisorische und befristete Einrichtung. So wird auch das Camp nach dem 29. September 2019 wieder komplett verschwinden – nichts mehr wird darauf hindeuten, dass auf dieser idyllischen Kuhweide einmal das erste Pop- up-Glamp ing der Schweiz stattfand.
Warum sich der TCS gerade für diese Alp in den Bündner Bergen entschieden hat, erklärt Oliver Grützner, Leiter Tourismus und Freizeit beim TCS: «Die Alp Plaun ist der ideale Standort. Auch weil die notwendige Infrastruktur wie Wasser, Strom und Anschluss an den öffentlichen Verkehr bereits vorhanden ist.» Ein weiterer Vorteil des Standorts liege zudem in den schier unendlichen Möglichkeiten für Ausflüge und Aktivitäten.
Ob Wandern, Biken, Schwimmen im Caumasee oder einfach Faulenzen und den Murmeltieren beim Spielen zusehen – hier findet jeder etwas, das seinem Geschmack entspricht. «Das Angebot richtet sich an ur bane Paare, aktive Familien und Geniesser, die ein spezielles Naturerlebnis in der einzigartigen Surselva gepaart mit Wohnkomfort, regionalem Essen und gutem Wein suchen», sagt Oliver Grützner.
Dementsprechend heterogen gestaltet sich die Gemeinschaft im Camp: Eine Mutter mit zwei Kindern will sich das Glamping-Abenteuer genauso wenig entgehen lassen wie eine fünfköpfige Wandergruppe aus dem Jura oder ein junges Pärchen aus Bern.
Aufgrund des Pionier-Charakters lockt das Pop-upGlamping zudem auch Journalisten und Influencer auf die Alp Plaun. Da wäre zum Beispiel Noël, ein Reisejournalist aus Amsterdam, der sich auf neue Tourismus-Konzepte und unbekannte Orte spezialisiert hat. «Detourism»,nennt er das. «Als ich davon erfuhr, war für mich klar, dass ich das sehen muss», sagt der 52-jährige Abenteurer. Elena aus Zürich ist ebenfalls sehr positiv überrascht vom Glamping- Dorf. Sie stellt sich als Influencerin vor und betreibt einen Familienblog. «Ich teste das Glamping mit meinem Mann und meinen zwei Töchtern. Und ich muss sagen: So etwas habe ich noch nie gesehen. Ich mag es komfortabel und trotzdem liebe ich es, mit meiner Familie Zeit in der Natur zu verbringen. Hier finde ich beides.»
Trotz der Verschiedenheit der Gäste verbindet sie alle die Begeisterung über das Glamping-Dorf und die Möglichkeit, die Natur hautnah erleben zu können, ohne auf Komfort verzichten zu müssen. Im grossen Gemeinschaftszelt, das im gleichen Stil wie die Gästezelte eingerichtet ist, kommt man bei einem Longdrink schnell ins Gespräch. Auch während des Abendessens im zehn Gehminuten entfernten Restaurant La Vacca bleibt man beim Drei-Gänge-Menü, wenn man will, nicht lange alleine.
Die Angebote für zwei Nächte und zwei Personen mit Halbpension starten ab 490 Franken pro Zelt. Kinder bis fünf Jahre übernachten gratis. TCS-Mitglieder und TCS Campingclub-Mitgliederprofitieren von zehn Prozent Rabatt.
Nebst dem Abendessen gehören unter anderem auch ein Lunchpaket und Marschtee zum Paket sowie eine prall gefüllte Frühstücksbox, die am Morgen vor das Zelt gestellt wird. Zudem erhalten die Gäste Rabatte auf Bergbahnen und andere Leistungen. Für den Hunger oder Durst zwischendurch können im kleinen Shop Snacks und Getränke gekauft werden.
Ob jung oder alt, einsamer Wolf oder Familienbande – nach dem Aufenthalt weiss jeder: So geht Glamping auf höchstem Niveau.
TEXT DOMINIC GRAF | FOTOS EMANUEL FREUDIGER
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