In einem Punkt waren sich die Akteure einig: die E-Mobilität hat den magischen Kipppunkt erreicht.
Der kanadische Autor Malcolm Gladwell beschreibt den Tipping-Point als «jener magische Moment, in dem eine Idee eine Schwelle überschreitet, kippt und sich wie ein Lauffeuer verbreitet». Beispiele dafür: die Digitalkamera ersetzt die Analogkamera, der Flachbildschirm den Röhrenmonitor, das Smartphone das Mobiltelefon. Und, geht es nach der diesjährigen Schweizer Mobilitätsarena, werden Elektroautos die Verbrenner spätestens 2030 abgelöst haben. Der Tipping-Point sei erreicht.
Viele Herausforderungen warten
Die Richtung ist also vorgegeben, doch die Herausforderungen würden dadurch nicht weniger. Damit setzten sich die Akteure aus dem Verkehrs- und Energiesektor, der Wirtschaft, Politik und Wissenschaft in Vorträgen und Podiumsgesprächen auseinander. Diskutiert wurden Fragen der technischen Machbarkeit, der ökologischen Nachhaltigkeit und der wirtschaftlichen Tragfähigkeit und politischen Durchsetzbarkeit. Damit die Elektromobilität auch in der Bevölkerung ankommt, braucht es Rahmenbedingungen, die die Elektromobilität fördern. Besonders zwei Fragen kristallisierten sich auf dem hochkarätig besetzten Podium heraus: Woher wird der zusätzlich benötigte Strom kommen und wie kann gewährleistet werden, dass alle ihr Auto auch zuhause um beim Arbeitplatz laden können?
Liftchauffeure vermisst keiner
Für TCS-Zentralpräsident Peter Goetschi, immerhin Vertreter von über 1,5 Millionen Mitgliedern, ist die Praktikabilität entscheidend und er appelliert in seiner Eröffnungsrede an die anwesenden Fachleute und Entscheidungsträger: «Die Entwicklung muss weitergehen. Vor allem brauchen alle, die es wollen, einen Zugang zum Stecker.» Auch wenn die optimale Lösung noch nicht gefunden ist, weder bei der Ladeinfrastruktur, noch bei der Stromfrage, so gelangt man nur über den Austausch und das Miteinander zum gewünschten Ergebnis. Und genau deshalb braucht es solche Plattformen wie die Schweizer Mobilitätsarena, welche einst einzelne Fachkongresse zu einem grossen mehrtägigen Event vereint. So sind auch in diesem Jahr über 200 Personen dem Ruf der Mobilitätsakademie des TCS gefolgt und im Eventforum Bern zusammengekommen.
Während sich der erste Tag der E-Mobilität widmete, wagten die Teilnehmenden des zweiten Tages einen Blick in eine fernere Zukunft: dem autonomen Fahren. Zu den zahlreichen Rednerinnen und Rednern gehörte auch TCS-Generaldirektor Jürg Wittwer. Autonomes Fahren sei keine Frage der Akzeptanz, lautet eine seiner Thesen mit Verweis auf das Beispiel des Lifts: «Früher wurden Aufzüge von sogenannten Liftmen bedient, die sogar eine Ausbildung absolvieren mussten. Heute läuft das automatisiert und keiner vermisst den Liftchauffeur.» Ähnlich verhalte es sich auch mit dem Autopiloten beim Fliegen: «Das ist komplett akzeptiert. Wegen des Autopiloten hat niemand Flugangst.» Obwohl es bereits erste autonom fahrende Fahrzeuge gebe, werde es aber noch Jahrzehnte dauern, bis sich die Technologie durchsetzt – oder nach Gladwell: bis der magische Moment gekommen ist, und es kippt.
Goldener Stecker 2021
Jedes Jahr verleiht der Verband Swiss eMobility an einen Kanton, eine Stadt oder eine Gemeinde, welche sich vorbildlich für die Entwicklung der Elektromobilität einsetzt, den goldenen Stecker. Nach dem Kanton Thurgau im letzten Jahr geht der Preis wiederum in die Ostschweiz. Der Kanton Schaffhausen konnte die Jury überzeugen und wird mit dem Goldenen Stecker 2021 ausgezeichnet. Der kleine Kanton im Norden des Landes überzeugte durch seine gesetzlichen Anpassungen im Bau- und Energiebereich sowie durch sein Förderprogramm. Die hohe Quote an Neuzulassungen bei den Steckerfahrzeugen belegen die Entscheidung.
Text: Dominic Graf
Fotos: Emanuel Freudiger
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