Im freien Feld säen die in Europa immer beliebteren Agrarroboter Weizen oder Mais in die vorgesehenen Ackerfurchen. Aber schon einige hohe Silos können ihr GPS-gesteuertes Lenkungssystem durcheinanderbringen. Dringen die Signale nicht mehr durch, nehmen die autonom arbeitenden Maschinen einen ganz anderen, ungewollten Kurs. In den USA und in China sind Lieferroboter ein gängiger Anblick. Doch in den Häuserschluchten von Houston oder Peking kommt es oft zu Störungen beim Empfang der GPS-Signale mit der Folge, dass die rollenden Boten vielleicht mit der Pizza im Rinnstein landen. Oder dass sie die Waren dreissig Meter entfernt von der Bestelladresse ausliefern.
Meier und Zhenzhong Su künftig nicht mehr geben. Die Gründer der Firma Fixposition haben Sensoren entwickelt, die höchst präzise arbeitende GPS-Systeme mit Computer-Vision-Technologie vereinen. Besteht kein Signal, kann sich der Roboter dennoch orientieren, indem die Umgebung gescannt und auf wiedererkennbare Einzelheiten geprüft wird. Die Fixposition-Sensoren aus Schlieren sitzen bereits weltweit in autonom fahrenden Landmaschinen, in Lieferrobotern oder in Automated Ground Vehicles (AGVs), die oft zu Patrouillenzwecken eingesetzt werden. Die Komponenten für die Sensoren werden weltweit bezogen. Endmontage, alle Tests und die Entwicklung der Software erfolgen am Firmenhauptsitz in Schlieren.
Obwohl sie sich für den «Touring»-Termin förmlich Zeit aus den Rippen schneiden müssen, sind sie bestens gelaunt. Es läuft gut für den 32-jährigen Aargauer und den 36-Jährigen aus Zentralchina. Sie haben vor kurzem ihr zweites Produkt Vision-RTK-2 lanciert. Letzten Herbst erhielten sie knapp sechs Millionen US-Dollar Risikokapital. Im Sommer 2021 wurden sie an einer Messe im wichtigen Markt China als eines von drei Start-ups ausgezeichnet. Neunzehn Mitarbeitende beschäftigt ihre Firma bereits.
Dass sie sich kennenlernten, war Zufall. Zhenzhong Su promovierte an der ETH Zürich über ein hochpräzises GNSS-System (globales Navigationssatellitensystem), während sich Lukas Meier dort mit kamerabasierter Navigation für Drohnen beschäftigte. Beide erhielten ein Pioneer-Fellowship der Hochschule und teilten sich ein Büro. «Wir haben uns viel unterhalten. Erst wollte ich sein System kaufen und er meines, bis Zhenzhong vorschlug, unsere Projekte doch zusammenzulegen», sagt Meier. So wurde 2017 Fixposition gegründet. «Es war das richtige Timing, denn die Automation zum Beispiel in der Landwirtschaft nahm rasant zu», sagt Zhenzhong. Ausserdem hätten sie festgestellt, dass sie ein gutes Team seien.
«Ich bin offen, erschaffe gern Dinge und habe ein Verständnis dafür, welches technische Produkt dieses oder jenes Problem lösen könnte. Ob es wirklich Nutzen bringt und die Leute auch dafür zahlen würden», beschreibt sich Meier. Start-ups scheiterten oft daran, dass ihre Gründerinnen und Gründer zu wenig praxisorientiert seien. «Zhenzhong ist Diversität sehr wichtig.
Er ist der geborene Netzwerker, geht strukturiert und zielstrebig vor, während ich als Schweizer erst mal länger nachdenke», sagt Meier über seinen Mitgründer. Der ergänzt, dass sie sich absolut vertrauen könnten und dieselbe Vision teilten. Und die lautet: einen signifikanten Marktanteil bei den hochpräzisen Navigationssystemen im gigantischen Robotermarkt zu erreichen.
Die beiden lassen alles leicht aussehen, aber natürlich gab es Tiefschläge. Vor Beginn der Pandemie hatten sie sich auf Sensoren für Drohnen konzentriert, die bei den in China beliebten Lichtshows eingesetzt werden. «Zwei Wochen vor dem chinesischen Neujahrsfest brach das Virus aus. Alles wurde abgesagt. Unser Markt kollabierte von einem Tag auf den anderen», sagt Meier. Ihre Kunden gerieten in finanzielle Schieflage, da sie finanziell alles auf die Karte Neujahr gesetzt hatten, aber nichts einnahmen. Da habe man sich bei Fixposition schon ein wenig umorientieren müssen. Ihr Glück war, dass gerade die erste Finanzierungsrunde hinter ihnen lag und das Geld für eineinhalb Jahre reichte. Sie hätten die Lage analysiert und seien dann in den Bereich Ground-Robotics umgeschwenkt, der 2020 richtig Fahrt aufnahm. Die zwei betonen aber, dass es für als wenig erfahrene Manager schwer war, in dieser Situation die Firma zusammenzuhalten, wo dazu noch alle Mitarbeitenden im Homeoffice waren. Dass sie Ingenieure sind, scheint ein Vorteil zu sein. Rückschläge in der Entwicklung ist dieser Berufsstand gewohnt. «Bei Problemen setzen wir ein Meeting mit den relevanten Mitarbeitenden an. Wenn zehn gute Leute miteinander diskutieren, gibt es meist mehrere gute Lösungen», bestätigt Su. Beide Firmengründer zeichnet eine Mischung aus Bodenständigkeit, Optimismus und enormem Glauben an ihre Ideen aus. Es tönt dann auch nicht überheblich, wenn sie sagen, dass die Entwicklung im Bereich Robotermarkt und autonomer Fahrzeuge weltweit nicht so stark wie prognostiziert in Schwung kam, weil es ihr Produkt bislang nicht gab. Und dass dies erst der Anfang sei und sie noch vieles entwickeln werden.
Text: Juliane Lutz
Fotos: Emanuel Freudiger
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