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20.11.2023

Wandern von einem Krater zum anderen

Im Winter ist auf der Azoreninsel Faial Wandern angesagt.
20. November 2023

Bei wechselhaftem Wetter durch dichte Loorbeerwälder über die Vulkane ans Meer zu gehen und sich im Meer zu erfrischen, ist besonders reizvoll.

Faial
Outdoorguide Pedro Escobar kurz vor dem Gipfel des Cabeço do Canto.

Pedro Escobar ist wie vom Erdboden verschluckt. Vor ein paar Augenblicken stand unser Wanderführer noch neben uns, und jetzt ist er weg. Kein Wunder, denn der Loorbeerwald ist im west­lichen Teil der Azoreninsel Faial zwischen den Vulkanen Caldeirão und ­Cabeço do Canto dschungelartig dicht. Hinter der nächsten Wegbiegung aber wartet der 36-jährige Insulaner auf uns. Er hat ein Ästchen vom hier wachsenden Makaronesischen Gagelbaum abgerissen und erklärt: «Diese einheimische Pflanze trifft man nur selten an, weil sie etwa von der australischen Klebsame oder den blauen Hortensien verdrängt wird.» Pedro kennt jedes Pflänzchen und jede Ecke der Insel. Mit ihm unterwegs zu sein, ist bereichernd und immer interessant. So weiss der zertifizierte Naturparkguide, dass es auf der Insel fünfzehn Naturschutzgebiete gibt und das Leben mit der Natur für die Insulaner von hohem Stellenwert ist. Der 36-Jährige wohnt in einer trockengelegten Segeljacht, die er eigenhändig umgebaut hat. Neben seinem Zuhause wächst ein Mangobaum, dessen Früchte er direkt von Deck pflücken kann.

Prägende Naturkatastrophen

Faial
Pflanzen spriessen aus der Vulkanasche beim alten Leuchtturm.

Er ist Guide, Schreiner, Elektriker, Bootsbauer, Fischer und vieles mehr. Typisch für die Einwohner der kleinen Azoren­insel, die wegen der isolierten Lage ­immer auf sich selbst gestellt sind. Wir ­folgen dem gut ausgebauten Wanderweg GR 01 und 06 hinunter ans Meer. Dieser ist einer der zehn offiziellen und gut ausgeschilderten Wanderwege auf der Insel. Der schönste ist laut Pedro der neunzehn Kilometer lange Zehn-Vulkane-Weg PR 06 FAI. Wir wandern weiter entlang der Vulkankette und machen beim 55 Meter tiefen Schlund des Vulkanschlotes Furna Ruim Halt. «Auf unserer Insel ereigneten sich immer wieder Naturkata­strophen», erzählt Pedro. So 1672 als der Cabeço do Fogo ausbrach und viele Insulaner nach Brasilien migrierten. Auch die Schäden des Erdbebens von 1998 sind noch heute sichtbar. Man sei sich der Gefahren bewusst, doch in ständiger Angst zu leben, bringe einen auch nicht weiter, meint Pedro und fügt an, dass heute immerhin 15 000 Menschen auf der Insel wohnen. Was sich 1957 Gewaltiges ereignete, will er später erzählen.

Erst 1427 entdeckt

Der Weg fühlt sich an wie ein grosser Pflanzentunnel. Erst, als wir den Krater des Cabeço do Canto erklimmen, gibt es wieder Fernsicht. Hier ist das Pano­rama über die Insel atemberaubend. ­Gemäss Pedro ist das 173 Quadratkilometer grosse Eiland erst 1427 durch den Portugiesen Diogo de Silves entdeckt worden. Eine Gruppe von Portugiesen und Flamen begann ab 1432, Faial zu besiedeln. Im 19. Jahrhundert begann der Walfang, und die Insel gewann als Knotenpunkt für die Telegrafengesellschaften an Bedeutung. Vom Cabeço do Canto geht es steil hinab in eine Talsenke, dann wieder hinauf zur Vulkanhöhle Furna do ­Cabeço do Canto. Man kann in sie hinabsteigen und im Innern die Lavaforma­tionen bestaunen – vorausgesetzt, man hat eine Taschenlampe dabei. Den nächsten Halt gibt es bei einem Walbeobachtungs­posten, wo die Aussicht aufs Meer und den Vulcão dos Capelinhos grandios ist. Hier sieht man ausserdem einen Teil der achtzig Kilometer langen Küste der Insel. Sie kann steil, aber auch sanft sein, es gibt zahlreiche Buchten und auch ­Badestrände. Bis 1974 hielten hier die Walfänger Ausschau nach den Giganten der Meere. Mit Ruderbooten fuhren sie hinaus, um die Riesen zu ­harpunieren und dann an Land in verschiedenen Fabriken zu verarbeiten. Heute «jagen» nur noch Touristen die Wale auf den ­Beobachtungsbooten, die vom Hafen von Horta ablegen.

Die Insel wächst

Faial
Plötzlich öffnet sich die Aussicht ­hinunter auf Capelinhos.

Etwas später betreten wir den jüngsten Teil der Insel. Pedro weiss, dass sich hier zwischen 1957 und 1958 zahlreiche gewaltige Vulkanausbrüche ereigneten, wobei sich die Insel um 2,4 Quadratkilometer vergrösserte. Plötzlich wandern wir auf Vulkansand und treffen immer wieder Lavabrocken an. An der Ponta dos Capelinhos ist es oft windig, und der Sand dringt überall ein. An den steilen Flanken des Vulkans beginnt sich die Vegetation langsam auszubreiten. Auf dem Abstieg Richtung Meer haben wir Sicht auf den alten Leuchtturm, der während der Ausbrüche teilweise verschüttet wurde. Zum Schluss der knapp dreistündigen Wanderung hat Pedro noch eine Überraschung für uns. Es sind die Lavapools, wo man herrlich baden kann, das mit freier Sicht aufs Meer und auf das neue Inselland.

Abstieg zur Badebucht

Pedro Escobar hat uns vor dem wech­selhaften Inselwetter gewarnt. Ausgerechnet beim Aufstieg von Porta da Redonda zurück nach Ribeirinha geraten wir in heftige Regenschauer. Innert Sekunden sind alle komplett durchnässt. Beim ­Abstieg zum Meer auf dem PRC 09 schien noch die Sonne, und es war angenehm warm. Unten am Strand besuchten wir das Zuhause vom Guide, sein originell umgebautes Segelboot mit all den Fruchtbäumen. Auf die Frage, was Pedros Leibspeise wäre, antwortete er: «Alle typisch einheimischen Gerichte wie Polvo guisado com vinho (in Wein geschmorten Tintenfisch) oder die Caldeirada (Fischeintopf).» Was natürlich nie fehlen dürfe, sei die Süssspeise Fofas do Faial. Dass sich der Guide ausgerechnet ­Redonda als Bleibe ausgesucht hat, ist verständlich. Der kleine Ort hat viel Charme und einen schönen Kirchenkomplex mit den typischen, weiss getünchten Fensterrahmen. Bei schönem Wetter unbedingt das Badezeug mitnehmen, die Bucht eignet sich perfekt zum Schwimmen. Die Rundwanderung dauert ohne Badestopp zweieinhalb Stunden, ist nicht anstrengend und einfach.

Reizvoller Winter

Pedro wandert am liebsten während der Wintersaison. «Obschon wir auch im Sommer keinen Massentourismus haben, ist es im Winter noch stiller, man spürt dann den Puls der Insel besonders gut.» Auf einem Spaziergang durch den charmanten und geschichtsträchtigen Hauptort Horta wird die Aussage Pedros bestätigt. Gemütlich kann man entlang der schön verzierten Häuser schlendern, ohne anzustehen das Haus der deutschen Kolonie besuchen oder in einer Hafenbar einen Drink geniessen. Ein Muss ist die Hafenmauer, wo sich alle Seefahrer bei ihrer Durchreise über den Atlantik mit einer Zeichnung verewigen. Es soll das längste Gemälde der Welt sein.

Diese Reportage wurde auf Einladung von der Vereinigung für nachhaltigen Tourismus auf der Insel Faial realisiert.

Text und Fotos: Felix Maurhofer

Reise-Check

Faial

Anreise:
Flüge Zürich–Lissabon, Lissabon–Horta mit TAP Air Portugal.
Wohnen:
In Horta: Landhaus Quinta da Meia Eira, meiaeira.com, oder Pátio Ecolodge, patio.pt.
Essen und Trinken:
In Horta: Peter Café Sport, Cantina da Praça, Atlético.
Wanderausrüstung:
Trekkingschuhe, Rucksack (30 l), Wanderkleider, Regenschutz.
Wanderwege:

trails.visitazores.com
Führungen:
Our Island (Pedro Escobar),
ourisland-azores.com
discoverfaial.com

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