Text: Daniel Riesen
Fotos: dan, Ford
Ford beweist derzeit gerade mehrfach, dass man mit Modellnamen keinen allzu dogmatischen Umgang pflegt. Der vollelektrische (und nicht anders erhältliche) neue Explorer hat mit den voluminösen Verbrenner-SUV gleichen Namens für den US-Markt wenig gemeinsam. So wenig wie der technisch nahestehende Coupé-SUV Capri mit dem schneidigen Coupé aus dem letzten Jahrtausend oder der elektrische Mustang Mach-E mit dem legendären Ponycar. Pragmatisch auch der Weg von Ford zur Elektromobilität. Auf den elektrischen Mustang, eine Eigenkreation, folgen mit Explorer und Capri Autos auf der MEB-Plattform von Volkswagen. Ist aber nicht weiter schlimm, die Verwandtschaft mit Autos wie VW ID.4 oder Škoda Enyaq sieht man dem Explorer nicht an. Genauer: Sieht man ihm aussen nicht an, innen bei einigen Bedienelementen schon. Gefertigt wird der Explorer im Ford-Werk in Köln, wo bei Volllast alle 54 Sekunden ein Exemplar vom Band läuft.
Mit hoch aufragendem Bug, gerade nach hinten gezogenem Dach und steilem Heck posiert der Explorer stämmig als Nutzfahrzeug, spielt mit einer Länge unter 4,5 Metern aber in der unteren Hälfte der Kompaktklasse – kürzer als der ID.4 und deutlich kürzer als der Enyaq. Zudem ist das Kantige überall abgerundet, aggressiv wirkt das Auto deshalb aus keiner Perspektive. Die Form passt zur Funktion, schliesslich hat er das Zeug zum Allzweckfamilienauto. Detail am Rande: Das Eckig-Runde setzt sich im Innenraum fort, mit einem derart geformten Lenkrad, was in der einen oder anderen Ausprägung schwer in Mode ist.
Die Inneneinrichtung wirkt aufgeräumt und solide verarbeitet, Ablagen bieten sich zahlreiche. In allen Ausstattungsversionen in Serie ist der fast fünfzehn Zoll grosse, vertikal eingebaute Zentralbildschirm, über den fast alles an Funktionen zu bedienen ist. Auch die Klimaanlage, diese aber immerhin mit einer Reihe fixer Icons unten am Bildschirm. Dieser ist in der Neigung einstellbar. Das kann je nach Lichteinfall hilfreich sein. Zusätzlich gibt er, steil gestellt, ein kleines Fach frei, von Ford «private locker» genannt. Der Bildschirm selbst: übersichtlich gestaltet, flüssig zu bedienen, individualisierbar und mit gut erlernbarer Menülogik. Dass die wichtigen und praktischen Shortcuts oben die kleinsten Bedienelemente überhaupt sind, scheint dann schon weniger logisch.
Mässig praktisch ist die Bedienung der Fensterheber – wie beim ID.4, nicht aber beim Enyaq. Die unglückliche VW-Variante, die eine Taste spart, hätte Ford also nicht zwingend übernehmen müssen. Ärgerlich, aber auch kein Drama. Das gilt auch für die Tastfelder am Lenkrad. Gewisse Funktionen lassen sich damit problemlos bedienen, andere wie der Tempomat fordern aber erhöhte Aufmerksamkeit, ein knappes Gut, das eigentlich der Strasse gehören sollte. Statt «tatschen» kann man auch mit dem Auto reden, was oft gut klappt, andererseits wurden aber auch vergleichsweise einfache Kommandos wie «Navigiere zum Flughafen Zürich!» mehrfach nicht erkannt.
Diverse Antriebskombinationen stehen zur Auswahl, basierend auf Heckantrieb (ein Merkmal der MEB-Plattform) mit 125 Kilowatt und kleiner Batterie (52 kWh) bis Allradantrieb und grosser Batterie mit netto 79 Kilowattstunden. Für Vielfahrer interessant ist die Version Extended Range, mit grosser Batterie, starkem 210-Kilowatt-Heckmotor und einer maximalen WLTP-Reichweite von 572 Kilometern. Die von uns gefahrene Allradversion mit grosser Batterie bietet nochmals vierzig Kilowatt zusätzliche Maximalleistung, dafür vierzig Kilometer weniger Reichweite.
Bei winterlichen Temperaturen verzeichneten wir bei Schweizer Autobahntempo im Schnitt 21 Kilowattstunden auf 100 Kilometern, was nicht ganz 400 Kilometer weit reicht. Laden verläuft so schnell wie versprochen (26 Minuten von zehn auf achtzig Prozent), selbst bei Minusgraden und ohne Vorkonditionierung sahen wir an der Ladesäule 160 Kilowatt (Idealfall: 185 kW). Das Bordnavi bietet eine gute Ladeplanung mit allerdings eher spärlichen Informationen darüber, was der Computer ausgerechnet hat. Die maximal 250 Kilowatt (oder 340 PS) brauchen die meisten Menschen meistens nicht, verhelfen dem Top-Explorer aber zu sportlicher Längsbeschleunigung. Aber nicht nur, der Allradler lässt sich herzhaft in Kurven werfen, er fühlt sich für einen 2,2-Tonnen-SUV wirklich verblüffend agil an. Agilität fordert im Fall des Fords keine unnötige Härte, selbst harte Kanten bei Innerortstempo federt er souverän weg. Die Lenkung ist je nach Fahrmodus anders kalibriert, bleibt aber auch mit höherem Widerstand (Handmoment) eher rückmeldungsarm. Aber immer ordentlich direkt, was zum Eindruck der Sportlichkeit beiträgt.
Auf der praktischen Seite bietet der Fünfplätzer wie erwähnt viel Stauraum vorn, besonders auch in der voluminösen, vom (am Lenkstock angebrachten) Fahrwahlschalter befreiten Mittelkonsole. In der zweiten Reihe sitzt es sich bequem, mit reichlich Bein- und etwas knapperer Kopffreiheit (ab etwa 1,90 m wird es eng über dem Scheitel). Der Kofferraum bietet gut nutzbaren Platz, die Ladekante ist wie bei allen SUV etwas höher als ideal. Sicher ist der Explorer auch, es reichte bei Euro NCAP für die begehrten fünf Sterne. Die gesetzlich vorgeschriebene Tempowarnung erfolgt akustisch diskret, der Lenkassistent greift angenehm sanft ein.
Das alles macht den Explorer zu einem patenten Alltagsbegleiter und Familien-SUV. Familienfreundlich ist auch die Preisgestaltung. Mittlerweile bietet Ford einen Einstiegspreis von unter 35’000 Franken (Heckantrieb mit 125 kW, Batterie mit 52 kWh). Und auch die umfangreich ausgestattete Version Premium mit der Topmotorisierung kann mit unter 52’000 Franken (Aktionspreis, laut Ford-Homepage) als günstig gelten.
Daten und Preise Ford Explorer
Modellvariante: Premium Extended Range Allrad
Abmessungen L × B × H:
4,47 × 1,87 × 1,64 m;
Leergewicht: 2220 kg (inkl. Fahrer), Gesamtgew. 2740 kg, Anhängelast gebremst 1500 kg
Antrieb Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse, Allradantrieb;
kombiniert 250 kW (340 PS); 134 und 545 Nm; LiIon-Akku, 79 kWh netto, max. Ladeleistung 185 kW
Fahrleistungen 5,3 s von 0-100 km/h; Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Verbrauch WLTP mixed: 16,6 kWh/100 km.
Preise Ab 51’665 Franken; Testwagen: 62’050 Franken.
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