Auf lange Sicht ist mitentscheidend, welche Veranlagung dem neuesten Sprössling der Renault-Submarke in die Wiege gelegt wurde. Ein Name, der für Sport und Leichtwagenbau steht, in den 2010er-Jahren wiedererweckt wurde und mit dem A110 seit rund acht Jahren eine Monomarke ist. Und bevor mit dem Crossover-Fastback A390 Ende Jahr die erste elektrische Eigenkreation auf den Markt kommt, fährt der ebenso vollelektrische Kleinwagen A290 vor, der dank technischer Vorleistung des Mutterkonzerns und seines R5 möglich wurde.
Die Alpine-Ingenieure mussten also damit arbeiten, was da war, und das war massgeblich der Frontantrieb. Das ist raumökonomisch und überhaupt ökonomisch eine gute Wahl, hat aber Auswirkungen auf das Fahrverhalten. An der Vorderachse mischen sich Antrieb und Lenkung, für Fahrerin oder Fahrer am Kurvenausgang im Lenkrad spürbar. Das ist in der getesteten 160-KilowattVersion des A290 oft der Fall. Objektiv ist das schlecht für Effizienz und Präzision. Bei durchgedrücktem Fahrpedal gerät der Kompaktsportler selbst beim Geradeausfahren aus der Spur. Die Kehrseite: Dieses Fahrverhalten ist ausgesprochen unterhaltsam, man ist als Lenkender stark ins Geschehen involviert. Einige im Testteam würden sich dennoch mehr Leistung wünschen, doch meist müsste diese vom ESP gleich wieder weggeregelt werden. Mehr Power gibt es übrigens auch mit dem roten Hebel am Lenkrad nicht. Vielmehr ist dieser eine Art Daumengas, der leichte Beschleunigung des Fahrpedals in Vollschub umwandelt. Eine Spielerei? O ja!
Zur dauerhaften Beziehung taugt der A290 sehr wohl. Er ist ein klug veredelter R5 und damit nicht weniger tauglich für gute und weniger gute Tage.
Der A290, ein Renault 5 mit mehr Panache
Ähnliches und anderes
Alpine, bislang mit dem A110 eine Mono-Auto-Marke, greift für seinen ersten Elektrorenner auf die Plattform des Renault 5 zurück. Der Aufbau von Chassis, Elektrik und Elektronik ist fast identisch. Die Alpine-Handschrift ist aber erkennbar: im Design – der A290 wirkt muskulöser – wie in der Inneneinrichtung mit Leder, Knöpfen und Schaltern.
Mehr Motor
An der Grundkonfiguration ändert sich nichts: Ein Elektromotor treibt die Vorderräder an. Allerdings mit mehr «Pfupf». Den R5 gibt es mit 90 oder 110 Kilowatt, den A290 mit 130 oder 160 kW. Setzt man die zusätzliche Kraft ein, leert dies den gleich grossen Akku (52 kWh) schneller. Naheliegend, dass es den optionalen 40-kWh-Akku des R5 im Alpine gar nicht gibt.
Mehr Fahrwerk
Im Rahmen der Systemarchitektur hat sich Alpine auch der Hardware angenommen und den A290 etwas länger (fast 8 cm) und breiter gebaut. Die Spur legt um sechzig Millimeter zu. Zudem haben die «Blauen» rund 45 Kilogramm abgespeckt. Mit Torque Vectoring – hier mit Bremseingriffen aufs kurveninnere Vorderrad – pfeilt der Alpine motivierter in die Bögen.
Text: Daniel Riesen