Denn der wohlproportionierte Roadster fährt überraschend komfortabel, lässt sich selbst in den Regenpausen der kühlen ersten Aprilhälfte problemlos offen fahren, lädt ebenso viel Gepäck wie ein Kleinwagen und stösst im Fahrbetrieb kein CO₂ aus. Schliesslich ist der MG Cyberster ein rein elektrisches Auto, der einzige Strom-Roadster der Welt – seit Tesla seinen Pionier-Roadster nicht mehr baut und Projekte anderer Hersteller nicht vom Fleck kommen.
Selten, aber gut fürs Image
Offene Roadster und Cabriolets sind im Angebot der Hersteller rar geworden. Besonders die kleinen Bezahlbaren sind fast ausgestorben, sie rechnen sich für die Anbieter mangels Stückzahlen kaufmännisch nicht mehr. Vermutlich wird auch der Cyberster die Schatullen von MG nicht füllen, doch er zahlt auf ein anderes Konto ein, jenes für Image und Sympathie. Während unserer Testfahrten haben sich jedenfalls viele Köpfe verdreht, und mehrmals wurden wir auf Kurvenstrassen durchgewunken, was uns an Bord dezidierter Sportwagen selten passiert. Damit wirbt der Cyberster draussen auf der Strasse und drinnen im Showroom für die zwar bekannte, hundertjährige, aber unter chinesischer Führung noch wenig etablierte Marke Morris Garage.
Alter Stil, Komfort der Neuzeit
Optisch zitiert der Cyberster ungeniert und mit gutem Gespür für Proportionen die Roadster-Geschichte, technisch fährt er aber in der Neuzeit. Puristisch wie die Vorbilder ist er nicht, dafür federt er zu gut, dafür ist er mit Elektromotor zu leise, dafür sitzt man zu hoch über der Batterie, und die digitalen Funktionen sind so vielfältig wie heute eben geboten. Die dafür benötigte Bildschirmlandschaft hat uns nicht überzeugt. Von der Reaktivität und Auflösung der Touchscreens über die Grafikanmutung bis zur Bedienlogik wirkt das Ensemble veraltet. Der ganze Rest des Autos aber keineswegs.
Apropos offenes Auto
Das Dach
Für seinen offenen Zweisitzer hat sich MG für ein Stoffdach entschieden. Man drückt etwa zehn Sekunden auf eine Taste in der Mittelkonsole, dann hat sich das Dach in sein Fach zusammengefaltet, ähnlich schnell ist es wieder geschlossen. Die Kofferraumgrösse bleibt von der Position des Dachs unbeeinflusst. Das Verdeck lässt sich bis Tempo 50 ein- und ausfahren.
Die Türen
Die in die Vertikale aufschwingenden Scherentüren nennt Designchef Carl Gotham eine «Überraschungs- und Entzückungsfunktion». Sie können, in engen Parklücken, auch das Ein- und Aussteigen erleichtern. Sensoren verhindern, dass die elektrisch ausfahrenden Türen an Menschen, Objekten oder Garagedächern anstossen.
Das Aussteigen
Kleine, sportliche Wagen können beim Ein- und Aussteigen herausfordernd sein. Auch der Cyberster ist ein niedriges Auto. Allerdings sitzt man, wegen der Batterien im Unterboden, vergleichsweise hoch. Entsprechend entspannt lässt sich aussteigen, auch dank der grossen Türöffnung und des elektrisch automatisch zurückfahrenden Sitzes.
Text: Daniel Riesen