In der Schweiz wurden im Jahr 2021 rund 8700 Wohnmobile neu zugelassen, Tendenz steigend. Gerade bei Familien sind Camper und Wohnmobile beliebt. Grundsätzlich gilt, dass Kinder in Fahrzeugen immer mit Sicherheitsgurten und Kindersitzen gesichert werden müssen. Im Wohnmobil brauchen Kinder, die jünger als 12 Jahre oder kleiner als 150 cm sind, daher einen geeigneten Kindersitz. Doch wie sieht es mit der Kindersicherheit in der Praxis aus? Dieser Frage ist der TCS in einem Kindersitz-Einbautest und einem Crashtest nachgegangen.
Kindersitz-Einbautest
Der TCS hat 21 Modelle von 15 verschiedenen Herstellern bei einem Kindersitz-Einbautest auf die Benutzerfreundlichkeit mit Kindern hin getestet. Untersucht wurden Fahrzeugmodelle mit den Aufbauarten Van, teilintegrierte, Alkoven und vollintegrierte Reisemobile. Die Messungen an 21 Fahrzeugen wurden bei den entsprechenden Händlern vor Ort durchgeführt. Alle Hersteller wurden zu den Fragen Isofix und Top-Tether befragt. Im subjektiven Test wurden die folgenden Kriterien untersucht: Das Platzangebot für Kindersitze, Befestigung und Montage und die Möglichkeit zur Nachrüstung von Isofix- und Top-Tether-Zubehör.
Ergebnisse Einbautest
Die Resultate des Kindersitz-Einbautests lassen aufhorchen. Sechs von 21 Modellen sind nur „bedingt empfehlenswert“ für Reisen mit Kindern, 11 Reisemobile haben mittelmässig abgeschnitten, drei sind sehr empfehlenswert und eignen sich somit überdurchschnittlich gut für Familien. Die Kindersitz-Befestigung in Wohnmobilen ist oftmals erschwert. Leider ist Isofix bei weitem nicht in allen Wohnmobilen verfügbar, und eine Nachrüstung oft nicht möglich. Eine Option ist die Befestigung des Kindersitzes am Beifahrersitz, jedoch nur, wenn der Reisemobilhersteller es ausdrücklich in der Bedienungsanleitung erlaubt. Bei Reboarder-Kindersitzen, welche gegen die Fahrtrichtung auf dem Beifahrersitz montiert werden, muss zwingend der Airbag ausgeschaltet werden können. Bei gewissen Modellen im Test ist dies trotz Sitzerkennung nicht möglich.
Crashtest
In einem Crashtest sollte in einem zweiten Schritt die grundsätzliche Sicherheit der Rückbänke in Campern und Campingvans geprüft werden. Die meisten Rücksitzbänke in Wohnmobilen –wo in der Regel auch die Kinder sitzen- sind serienmässig von der gleichen Bauweise: Vor einem mit der Bodengruppe verschraubtem „Bock“ mit zwei Gurten, häufig von Spezialanbietern geliefert, steht eine vom Wohnmobilhersteller angefertigte Sitzbank aus Holzbaustoffen mit Schaumstoffpolstern. Im Test-Setting prallten somit ein Kinder- und ein Erwachsenendummy auf einer konstruierten Rückbank auf einem Schlitten mit einer Geschwindigkeit von 56 km/h auf ein gleich schnell entgegenkommendes Fahrzeug.
Ergebnisse Crashtest
Beim Crashtest, bei dem das 56 km/h schnelle Wohnmobil auf einen gleich schnell entgegenkommenden Mittelklassewagen trifft, bricht die Holz-Sitzbank zusammen. Das hat schwerwiegende Folgen für die beiden Mitfahrer:
• Der Beckengurt schneidet in den Bauch des Erwachsenen ein und kann schwere innere Verletzungen verursachen.
• Die Köpfe des Kinder- und Erwachsenen-Dummys schleudern sehr weit nach vorne – bei einem Anprall an die Lehne des Fahrersitzes können sich die beiden Mitfahrer schwer verletzen.
• Der Hinterkopf des Erwachsenen schlägt beim Zurückschnellen an den freiliegenden Metallrahmen des Gurtbocks, auch das birgt ein hohes Verletzungsrisiko.
Fazit zu den beiden Tests
Die Testergebnisse beider Tests zeigen, dass bei weitem nicht alle Wohnmobile punkto Sicherheit für Familien oder Gruppen von mehr als 2 Personen geeignet sind und die Holzrückbänke vieler Modelle einen Missstand darstellen, den es zu berücksichtigen gilt.
Grundsätzlich ist alles Zubehör, welches man auf dem freien Markt erstehen kann mit Vorsicht einzusetzen. Der TCS rät dringend davon ab, selber ein Isofix oder Top Tether System zu basteln oder mit zweifelhaften Teilen aus dem Internet ein solches anzufertigen. Spätestens bei einem Unfall, welcher beim Reisemobil eine eigene Dynamik entwickelt, ist man sich dies reuig. Auch besteht die Gefahr, dass die Versicherungen in einem solchen Fall nicht bezahlen.